sternentinte

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augenstern

Dienstag, 8. Mai 2012

Geschichte über gar Nichts



Über alles halte ich den Regenschirm. Du wirst nicht nass, wenn es regnet.
Eine Wolke aus bunten Luftballons steigt in den Himmel.
Über allem liegt der Mantel des Universums.
Zwischen gestern und heute liegen drei Ewigkeiten.
Ein Wellensittich fliegt in die Wolke hinein.
Es zerplatzen die Ballons.
Die Hellseherin schaut zu tief in die Kugel. Sie ist besoffen vom Glück, dass sie sieht.
Dieses ist das meine nicht. Sagt sie.
Macht nichts, wenn es dir hilft. In der Kugel steht die Welt Kopf. Das tut ihr gut, denn ihre Füße schmerzen.
Was ich für mich tue, mache ich für dich und umgekehrt. Sagt sie.

Ballonhüllen bedecken den Boden, auf dem wir stehen. Eine Möwe hat den Wellensittich gefressen.
Die Wahrsagerin lacht.
Du bist gar. Sagt sie.
Nichts ist gestorben.
Über allem liegt das Sternenkleid des Weltalls.
Die Geschichte ist einfach und klar.
Niemand gewinnt, wenn nicht alle es schaffen.
So weit so gut, sage ich.
Alles Gute wohnt in mir. Sage ich
Und für die Gäste gibt es nur das Beste.

Freitag, 27. April 2012

Das Unterhemd

Das merkwürdige Tier liest viel.
Es staunt Bauklötze.
Weil ich das Unterhemd so nicht mehr anziehe.
Das Leben mich in Form gebracht hat.

Dienstag, 6. März 2012

ich träume einfach immer weiter, bis es klappt


Ich webe ein Leben aus Traum. Ich schreibe Geschichten aus Worten.
Der Traum und die Worte begleiten mich, wohin ich auch gehe.
Der Traum ist mein Schatten. Die Worte sind meine Füße. Sie tragen mich durch die Welt. Während mein Schatten hält, was er verspricht und bei mir bleibt, ganz egal, was ich tue.
Wenn ich tanze, fliegen meine Hände durch die Luft. Meine Arme werden Flügel. Die Finger an den Händen sind die Schwungfedern.
Ich tanze zur Musik und sie bleibt im Kopf auch danach.
Die Welt ist Musik. Jeder Mensch, jedes Tier, jeder Blick ist ein Ton.
Die Töne fügen sich zu einem Stück, das den Traum beflügelt.
Der Traum hängt hinter mir an der Zimmerwand, wenn die Sonnenstrahlen durchs Fenster fallen. Hinter mir steht der Traum. Er ist unfassbar leicht und immer da. Er stärkt mir den Rücken für alles, was ist und sein kann.
Im flackernden Kerzenschein sitzen wir am Küchentisch. Die Nachtigallen singen. Sonst ist es still. Es gibt nur diesen einen Tag und diese eine Nacht. Und Morgen gehen wir los. Mit den Füßen erfinden wir Sachen, die helfen können und Räume, die wichtig sind.
Es muss getan werden. Wir müssen die Stimmen erheben.
Es gibt so viele Dissonanzen auf der Welt, soviel Leid und Elend und Krieg. Gemacht von dummen, bösen Menschen.
Unsere Sätze sind der Wind, der zum Sturm wird und ihnen die Masten knickt.
Der Frieden des Gedichtes, welches wir sind, verbreitet sich über die Welt. Das Glück der Musik des Lebens verdichtet sich zu einem Netz. Wir fangen sie alle, die großen Fische, in diesem Netz. Miethaie zu Fischstäbchen, steht an einer Hauswand geschrieben.
Guten Morgen, ihr kleinen Haselnussschnäuzchen an einer anderen. 
 Es ist nicht immer ein Spaziergang. Manchmal ist es ein Marathon oder gar ein Triathlon.
Sportlich sind wir allemal.
Und wer behauptet, die Hoffnung stürbe zum Schluss, der lügt oder ist einfach eine faule Sau.
Die Hoffnung wächst mit jedem Schritt. Mit jedem Satz komme ich meinem Ziel näher.
Ich beschreibe das Schöne und den Schrecken. Ich lerne jeden Tag etwas Neues dazu.
Und manchmal gelingt es mir, die Konsequenzen zu formulieren.
Ich will. Willst du auch?
Dann sind wir schon zwei.
Und das ist mehr als einer. Sagt Anouk, meine Tochter und hat Recht.
Ich glaube nicht, an das Gute im Menschen. Ich glaube an mich und das tut gut.

Donnerstag, 23. Februar 2012

das müde mädchen träumt


Es träumt vom Kuscheln. Einmal eine ganze Woche lang im Bett verbringen.
Zwischendurch allerhöchstens einen Tanz tanzen am Tag. Die Wochenzeitung lesen und Bücher. Notizen machen und Geschichten schreiben. Reden und Lachen. Vögeln ohne abzustürzen. Vertrauen gewinnen.
Geht das? Oder wird es langweilig am zweiten Tag?
Lino ist da. In der ersten Nacht lagen Lino und Lena nur nackt nebeneinander und haben nichts gemacht. Nur die Wärme genossen und eine leise Vertrautheit gespürt. Am ersten Tag, der auf die erste Nacht folgte, erfanden sie Himmel und Erde. Er wollte der Himmel sein und sie sollte die Erde verkörpern. Über ihnen schwebten wie das Damoklesschwert die göttlichen Freuden und das Chaos. Das ganz normale Chaos der Liebe. Irrnis und Wirrnis und Finsternis. Die wüste Urflut ergoss sich aus ihrem Geschlecht.
Es wurde Nacht und sie wussten die nicht zu benennen. Am zweiten Tag sagte er: Ich liebe dich. Und es wurde Licht. Da nannte sie das Licht Tag und die Dunkelheit Nacht.
Alles war gut so, wie es war.
Ihre Hände begannen über seinen Körper zu wandern und fanden das Himmelsgewölbe am dritten Tag.
Und fanden seinen harten Schwanz am vierten Tag. Da war es, das Land, das in ihrem Meer liegen sollte. Linoland und Lenameer. Seine Hände streicheln ihren Kopf, auf dem das Haar wie eine unaufhaltsame Pflanze gewachsen ist.
Am fünften Tag findet er das Bild auf ihrem Fuß und fragt:
Was ist das?
Das sind die Sonne, der Mond und die Sterne. Die gibt es jetzt auch, damit wir uns in der Dunkelheit nicht fürchten müssen. Damit der Tag uns wärmt.
Plötzlich erwachen die Tiere im Meer. Sie wollen leben. Sie wollen mehr. Vögel beginnen durch den Himmel zu fliegen, der er ist, am sechsten Tag. Sie schlafen miteinander und sind ganz wach dabei.
Da entsteht ein Tierchen des Landes in ihrem Bauch am siebten Tag. Und die Schöpfung ist vollbracht. Von Himmel und Erde, Land und Meer, Pflanzen und Fischen und Vögeln, Gestirnen des Tages und der Nacht. Es gibt hell und dunkel und den Menschen, das begabte Tier.

Freitag, 17. Februar 2012

Zwergenklein sein

für LinaKarolina


In meine Nase zieht der Duft von Kindheit. Zimtschneckenduft und für die Tomatensoße angebratene Zwiebeln mit Knoblauch. Frühlingsluft und schneidend kalter Winterhimmel, der sich auf die Erde gesenkt hat und in die Backen beißt. Ich muss Niesen und bis zur Lippe zieht sich der gelbe Rotze Faden. Anouk muss ins Bett gehen und lacht. Anouk wacht auf und lacht.
Ich bin erwachsen geworden und morgens riecht es nach Kaffee in der Wohnung.
Wenn die Rasenflächen in den Parks in unserem Viertel wieder grün sind, gehen wir vor die Tür und beobachten Insekten. Ich weiß nicht, wie oft uns das Beobachten von winzig kleinen Tieren schon aus einem Streit oder einer Traurigkeit geholfen hat.

Gib mir den Ball, sagt Anouk zu Tamira. Er gehört mir.
Nein, sagt Tamira. Jetzt will ich ihn haben.
Nein, sagt Anouk. Gib ihn her. Es ist meiner.
Und Tamira läuft mit dem Ball los und versteckt sich hinter einem Baum in einem Gebüsch. Der schönste Streit ist in vollem Gange.
Anouk schreit, rennt los, fällt hin, erreicht Tamira und zieht ihr, weil die sich mit dem Ball umgedreht hat, an den Haaren. Tamira lässt den Ball fallen und haut Anouk in den Bauch.
Tamira weint. Anouk heult. Wir stehen von unserer Bank auf und trösten die Kinder und schimpfen mit ihnen, dass sie sich nicht streiten sollen. Dass der Ball da ist, damit sie beide mit ihm spielen können. Und das er weg ist, wenn sie sich darüber streiten.
Kuckt mal, sage ich. Hier ist ein ganz kleines, grünes Tier. So eins von der Insektenelfensorte, fast durchsichtig.
Da hören die Kinder auf zu jammern und setzen sich in das Gras um das Tierchen anzusehen.   

An einem Wochenende fahren wir auf ein wildes Gelände. Ein ehemaliger Militärflughafen, auf dem es viel zu sehen gibt und die Wiese hoch gewachsen ist. Wir schlagen unsere Zelte auf und freuen uns an der Stille am Tag und den Lagerfeuern in der Nacht. Ohrenschützer brauchen wir nicht. Es ist besser die Wespe heransummen zu hören, als von ihr gestochen zu werden.
Es ist Mai und wir frieren Nachts in unseren Zelten, kuscheln uns ganz eng aneinander und erzählen uns Geschichten, bis wir zwei Schaffelle ausgeliehen bekommen, die uns, vor der aus dem Boden hochziehenden Kälte, schützen.
Morgens stapfen wir in Gummistiefeln durch die taufeuchte Wiese zum Waschen.
Mittags kochen wir unsere Spaghetti unter freiem Himmel und abends, wenn die Kinder in den Zelten liegen, trotzen wir den Mücken und trinken einen Zahnputzbecher voll mit Wein.
Am Samstag wird ein Geburtstagsfest gefeiert und als es am Sonntagmittag noch nicht zu Ende ist, gehen wir hin und bekucken uns, aus angemessener Entfernung, die feiernden Leute. Wir liegen unter einem großen Kastanienbaum und finden einen Maikäfer. Die Kinder bauen ihm eine Maikäferstadt, dann gehen sie und tanzen mit einem Mann mit langen Haaren, der ziemlich betrunken wirkt, aber freundlich ist. Wir hören die Musik und wippen mit den Füßen. Die Sonne scheint uns auf die Bäuche und wir bekommen ein Stück Wassermelone geschenkt.
Der Sommer schmeckt nach Wassermelone, Wassereis und Weintrauben.
Der Winter riecht nach Schnee.
Im Herbst kochen wir Apfelmus mit Vanillezucker.
Und im Frühling verbannen wir die dicken Jacken in den Keller. Reißen die Balkontür auf und freuen uns am Vogelgezwischer. Der Winterhimmel war mit Möwen besetzt. Und im Herbsthimmel sahen wir die Zugvögel schnatternd und in Formation in den Süden ziehen.
Einmal hat sich ein Regenbogen über den dunklen Gewitterhimmel von ganz rechts nach ganz links an uns vorbeigespannt. Da haben wir gestaunt.
An Sylvester darf man lange aufbleiben und wenn man sich zu Weihnachten ein lebendiges Einhorn wünscht, bekommt man Wellensittiche vom Christkind, das eng mit dem Weihnachtsmann zusammenarbeitet.
Anouk ist so stark, dass sie Bäume ausreißen kann, auch wenn diese nur ein Grashalm sind.
Wie schön muss es sein, wenn man zwergenklein ist und der gemähte Rasen noch ein Wald und die Ameisen prima Reittiere und die Schätze echt sind. Eine Muschel kann ein Boot oder Bett sein. Und das dunkelgrüne weiche Moos ist ein Kissen. Wir springen  von einer Wurzel zur anderen und überqueren das Frühlingspfützenmeer auf einem dünnen Ast.
In unserer Wohnung wächst ein grüner Dschungel und an guten Tagen tauschen wir die winzigen Schätze, die in den Streichholzschachteln wohnen, miteinander. Morgens um acht wirft die aufgehende Wintersonne Lichtengel an die Wände. Der Wintermorgen ist eine große blaue Tasse mit weißen Wölkchen und in der Tasse dampft ein Tee mit Milch und Zucker. Wenn es dunkel wird, füllt Mama heiße Milch mit Honig hinein.
Am allerliebsten isst Anouk Griesbrei zum Frühstück. Und der Weg zum Kindergarten bleibt fünf Tage in der Woche derselbe.
Es ist nicht immer leicht ein starkes Kind mit einem großen Kopf zu sein. Elisabeth die Zicke versucht jeden Tag, alle Mädchen auf ihre Seite zu ziehen. Sie ist eine hochmütige Prinzessin, die nicht weiß, dass nur die Gänsemagd für den Königssohn bestimmt ist. Dass nur der, der auf dem Fußboden geschlafen hat, das Königreich seines Lebens weise regieren wird. Und Anouk soll den Hund spielen immer wieder.
Als im Kindergarten Karneval gefeiert wird, geht Anouk als Hase.
Ihre Freundin Tamira ist eine Wellenprinzessin mit einem mit Muscheln und Perlen besetzten Kleid. Sie erfinden ein Königreich, in dem Tamira regiert und der Hase zuhause ist. Es gibt nichts Besseres als ein Zuhause zu haben.
Wenn Anouk müde ist, fängt sie an mich vors Schienbein zu treten. Ich verbiete ihr die Süßigkeiten für den nächsten Tag. Sie beginnt zu weinen. Ich halte das aus. Es ist mein Job. Ich muss ihr beibringen, dass man nicht böse werden darf, wenn einem was fehlt. Und wenn sie das Schnoopzeug mit ihrem Freund Lino teilt, dann bekommt sie es doppelt von mir zurück.
So lernt sie, dass Teilen besser ist als Hamstern.
Durch eine Miniatursanduhr rinnt der Sand. Die Zeit geht so schnell vorbei.
Ich wünsche Anouk eine schöne, spannende Pubertät, in der man den ersten Kaffee trinkt und stolz darauf ist, dass man schon so erwachsen. Einen Lebensabschnitt, in dem man bis zwölf in den Federn liegt, damit sich die Gehirnwindungen neu vernetzen können. Und dann trotzdem auch mal den Abwasch macht, während man seinen krausen Gedanken nachhängt.
Einen weichen Übergang in das Leben eines bald erwachsenen Menschen. Mama ist manchmal doof, aber eigentlich ist sie ein guter Kerl. Und weil jeder Mensch Fehler macht, muss man ihr nicht mehr vors Schienbein treten.
Da ist soviel, was sie erlaubt. Es ist so schön mit Tamira am späten Nachmittag, der Tag hat erst vor ein paar Stunden begonnen, in einem Cafe zu sitzen. Yogitee aus großen Tassen zu trinken und über die Liebe zu philosophieren.
Es ist toll einen großen, bunten Freundeskreis zu haben. Und am Wochenende auf einer Skaparty zu tanzen. Sollen die vermeintlich Großen doch machen, was sie wollen. Nur weil Ernst- August in den Brunnen springt, springe ich, Anouk Away nicht hinterher. Ich bin ein starkes Mädchen und alles hat seine Zeit.

Montag, 13. Februar 2012

Wer bei drei nicht auf dem Baum ist, kriegt mich


Wir sehen uns auf einer Filmemacherparty im Rahmen der Berlinale. Ich verlasse, die Tanzfläche, um mir eine Matebrause am Tresen zu bestellen. Da steht er plötzlich neben mir und sagt: Was machst du denn hier?
Das Nützliche mit dem Angenehmen verbinden. Antworte ich.
Wie geht es dir? Will er wissen.
Interessiert dich das wirklich? Frage ich.
Ich suche das Gespräch und die Menschen, mit denen etwas zu machen ist. Ja, ich will auch noch Vögeln heute Nacht. Aber nicht mit dir. Mit dir habe ich schlechte Erfahrungen gemacht. Ich könnte dich sicherlich lieben, ob du weißt wie das geht, da bin ich mir nicht mehr sicher. Und wenn es nur ein Prozent der Möglichkeit gibt, dass mich der, mit dem ich heute nach Hause gehe, morgen anruft, dann ist das mehr an Möglichkeit, als dass du dich veränderst.
Schon schade, sagt er. Aber, was mich vielmehr interessiert ist das  Drehbuch, welches du geschrieben hast. Worum geht es?
Und ich kann mich nicht umdrehen und gehen, denn auch deshalb bin ich hier, um über meine Arbeit zu reden.
Es ist ein Märchen. Sage ich. Liebe rettet die Welt. Eingebettet in eine traurige Geschichte vom Scheitern, leben die vier Protagonisten ihre Beziehungen. Antonia und Adam finden heraus, dass nur ein Paar, dass sich liebt und ein Kind bekommt, die Welt retten kann und denken Sunny und Balder sind es. Dabei übersehen sie einfach, dass sie selbst es sein können, als Antonia schwanger wird. Antonia treibt ab und Adam trennt sich von ihr, woran sie beinahe zerbricht. Balder wird von Sunny rausgeschmissen, nachdem er beknackt auf ihre Schwangerschaft reagiert. Am Ende bleiben nur Sunny und Antonia und das Kind in Sunnys Bauch. Sie begehen eine soziale Skulptur, die Sunny sich ausgedacht hat und für deren Umsetzung sie gekämpft hat. Der Ausgangspunkt zur Rettung der Welt. Es ist im Film wie im Leben. Am Ende kommt alles ganz anders, als man denkt.
Das klingt interessant. Sagt er.
Meine Nummer hast du ja schon. Sage ich.
Ich werde dich anrufen. Sagt er.
Gut. Sage ich.
Dann gehe ich, um der Möglichkeit eine Chance zu geben.

Sonntag, 5. Februar 2012

Wenn wir lieben, sind wir Kinder



Der Duft von frisch gemähtem Rasen liegt in der Luft. Die Schwalben ziehen hoch oben durch den Himmel. Ein paar Verrückte versuchen einen Wolkenberg zu erklimmen. Ich sitze auf der Wiese und zupfe an einem Gänseblümchen.
Als kleines Mädchen mit zwei blauen Augen und ein paar Schrammen an der linken Wange, frage ich sie.
Er liebt mich. Er liebt mich nicht.
Denn tut er es, will ich ihm folgen, was er auch tut.
Er liebt mich.
Das ist ein Glück. Denke ich.
Dann gehe ich mir einen Griesbrei kochen. Mehr will mein Magen gerade nicht haben.
Ich bin verliebt in allen Variationen.
Ich schweige und denke, dann wird er schon auf mich zu kommen. Ich rede mich um Kopf und Kragen. Er geht. Ich tanze.
Der geht, ich weiß es. Gänseblümchen lügen nicht.
Meine Seele ist ein weißes Laken. Ich spanne es auf das Bett. Jetzt muss ich nur noch Kaffee kaufen, den wir am nächsten Morgen gemeinsam trinken können.
Die Wolkenkletterer sind ein gutes Stück vorangekommen. Sichern, klettern, abseilen. Sichern. Finden kaum Halt in der feuchten Substanz. Die Wolke wächst. Es wird Gewitter geben. Es wird überall nur mit Wasser gekocht.
Ein schwacher Trost, den meine Veilchenaugen finden. Am Himmel hängt ein Lachen.
Ich habe dich niemals verachtet, nur die Zärtlichkeit habe ich vermisst.
Grün und blau hängt meine Seele an der Leine. Ein Glück, dass sie keine Stockflecken bekommen hat, von gestern auf heute.
Nein, ich war nicht faul. Ich konnte es einfach nicht machen.
Ich habe mir die Augen ausgeweint, damit ich mich im Spiegel nicht mehr sehen muß.
Am anderen Ende der Leitung sitzt der Weinmann und das tue ich schon.
Ich liege auf dem Sofa und lecke meine Wunden. Die Katzehund ist nicht gesund.

Wir laufen durch eine Sommerwiese. Sag mir deine Lieblingsfarbe, rufe ich.
Blau, schreit er. Wir liegen mit den Köpfen auf unseren Schultern. Kein Wölkchenmeer am Himmel zu sehen. Ich zeige ihm, wie man mit zwei Händen auf eine Million zählt ohne sich die Finger zu verknoten und ohne zu wissen, wann man sie erreicht hat. Ein Bushaltestellenspiel, das auch im langweiligen Unterricht gespielt werden kann, wenn man müde geworden ist, sich die Lehrkraft in Unterhosen vorzustellen.
Wir fahren mit den Rädern über die heißen Asphaltstraßen der Stadt. Kein Auto am Horizont zu sehen. Wenn ich es genau nehme, auch kein Horizont.

Er nimmt sich, was er braucht. Ich, die Dreikäsehoch, komme zu kurz, nein, gar nicht. Er ist ein erwachsener Mann, dem die Mutter keine Manieren beibringen konnte, weil sie seinem Vater gefolgt ist, was er auch tat und als gute Frau die Flecken aus dem Laken gewaschen hat.
Blau, schreie ich. Das kann Mann doch alles noch lernen. Die Verantwortung des Penisträgers gegenüber der Frau. Den Sanftmut und die Weisheit der Liebe. Gemeinsam, so wie die Wolkenbesteiger, die Wolke besteigen.
Wenn wir brechen mit den seit Generationen tradierten Vorstellungen. Großes Kino sind die nicht. Alltagstheater der Realität viel mehr.
Um seine Ehre zu retten heiratet er alsbald eine andere Frau.
Die ist schlau und respektiert sein Bild von Männlichkeit. Sie hat keine Ambitionen Tore zu schießen oder die Welt zu retten und so führt sich die Tradition fort in seinem Sohn.
Es wird dauern.

Fast oben angekommen, stürzt der eine Kletterer hinab durch die Wolke. Das Seil reißt. Doch es wachsen ihm Flügel. Die sind echt und nicht wie Ikarus Flügel mit Wachs befestigt.
Die Sonne, la Luna und die Erde.
Ich erhebe mich über die Beschränktheit einer Sprache und entdecke die Lebens spendende, weibliche Dreifaltigkeit im Universum.

Ich bin eine sanfte Feministin.
Ein kleines Kind, das manchmal Hunger hat und sich nimmt, was es braucht.
Ich stehe nicht mehr meinen Mann im Alltag, sondern freue mich an dem, was ist.
Die Liebe ist ein hohes Ross.
Er hat mir beim Absteigen geholfen, weil meine Füße den Boden allein nicht finden konnten. Der Geruch von Pferdeäpfeln und Rosen liegt in der Luft. Es ist Sommer geworden.


Mittwoch, 18. Januar 2012

Reingehauen


Ich bin eine Katze. Ich lege ihm Morgengaben auf die Fußmatte. Mäuseköpfe, tote Vögel und Innereien. Die Leber schmeckt mir nicht. Ich habe die Schnauze so voll von Männern, die mich besteigen, „Lecker!“ sagen und dann nicht mehr da sind. Ein guter Fick ist doch ein guter Anfang. Nein, er bringt keine Blume mit, nur einen Fleck vom Mittagessen auf seinem Pullover. Den kannst du auswaschen, sage ich. Mich nicht.
Oh, ich vergesse, du bist ein Mann und kannst. Männer kommen immer gleich. Das habe ich ganz vergessen.
Das Gedächtnis meines Körpers möchte ich mal haben.
Du langweilst mich, sagt er. It´s always the same story. Boy meets girl just for the fun. And afterwards there is none. Fun.
Wenn ich das schon höre, sage ich. Du kannst mich mal und willst es nicht.
Ich bin ein Gedicht, du Arschloch.
Dann reim dich doch auf anyone else, du Kuh.
Ich bin eine Katze und versuche wie Scheherezade den grausamen König milde zu stimmen mit meinen Worten. Die Bitterkeit spielt mir einen Streich. Sie schleicht sich ein in die Sätze und was so schön begann, endet im Schrecken.
Wir begegnen uns vor einem Pub. Ich sehe ihn an und hau ihm in die Fresse. Er fällt nicht um. Er blutet ein bisschen aus der Nase. Das wäre doch nicht nötig gewesen, mein Hase, sage ich, drehe mich auf dem Absatz um und gehe. So etwas habe ich noch nie getan und ehrlich gesagt, es fühlt sich saugut an.
Du kannst dich mal in ein anderes Loch verpissen, sage ich leise. Er hört es nicht mehr. 

Samstag, 14. Januar 2012

Die Mimose Oder wie man einen Wellensittich einfängt


Ich baue einen Fahrradunfall, wenn mir ein entflogener Wellensittich vor die Nase flattert. Ich rase in den fahrenden Händler und wir haben den Salat. Gurken, Tomaten und Äpfel landen auf der Straße. Ich bin eine alte Frau in einem jungen Körper und morgen schon kann Weltuntergang sein. Ich bin eine Liebejungfrau mit dreissig Jahren.
Im besten Falle kommt ein Mann vorbei und hebt mich vom Boden auf. Dann gehen wir gemeinsam in seinen Garten und er erzählt mir, dass er schwul ist und ich eine schöne Frau. Er sagt, dass es wichtig ist, sich zu seinem Sein zu bekennen. Was auch immer du bist, sag es laut, damit alle es hören können. Don`t play games mit den Liebsten. Und wenn du zu Weihnachten einen Vogel geschenkt bekommst, dann pflege ihn und lass in aus dem Käfig heraus.
Es ist das traurigste auf der Welt, wenn eine Liebe stirbt. Sagt er.
In meinem Leben sind schon viele Lieben gestorben, sage ich.
Wie konnte das passieren, fragt er.
Ich wünschte, ich wüsste es.
Nein, ich will keinen Streit. Ja, ich will, dass du mich siehst.
Die falsche Nonne hat die Kerzen ausgeblasen.
Die falsche Nonne ist die richtige Mutter.
Die richtige Mutter hat man lieb. Sie pflegt dich gesund, wenn du krank wirst. Sie schenkt dir einen Hund, wenn du nicht mehr essen willst. Sie vermittelt dir, dass das Leben schön ist. Und gönnt dir jeden Moment des Glücks.
Die falsche Nonne ist anders. Sie ermutigt dich nicht zum Sein. Sie schläft ein, wenn du vom Erschrecken erzählst und wacht auf, wenn du dem Glück einen Stuhl hinstellen sollst, damit du dich im Dunkeln stösst, wenn sie die Kerzen ausgeblasen hat. Mein Schwanz ist so hart wie das Leben sagt sie und meine Potenz übersteigt die eure um einiges. Sie war eine verunsicherte junge Frau. Das ist ihr nicht vorzuwerfen, denn das bin ich selber. Sie war eine traurige junge Frau im Winter. Und ich habe gedacht, das muss so sein, dass man im Winter traurig ist. Dabei wohnt das Grün und das Gezwitscher der Vögel in mir selbst.
Denn Glück ist lernbar und zu kultivieren. Ob ich allein bin oder nicht. Das Glück des Augenblicks verfolgt mich.
Es ist ein Glück auf einer Mauer in einer fremden Stadt zu sitzen. Eine Zigarette zu rauchen und den Vorbeigehenden zu lauschen. Es ist ein Glück, die Sprache des Landes nicht zu verstehen und sich ausklinken zu können in jedem Moment, sagt die Mimose, während eine Möwe am Fenster vorbeifliegt. Es ist ein Glück, die Pausen wertzuschätzen auch ohne Zigaretten. Es ist ein Glück, dass ich bin.
Das ist wahr, sagt er. Das Leben ist ein Glück im Unglück und will vorsichtig behandelt werden.
Anouk sagt, dass es traurig ist, dass der Bettler keinen Schal besitzt und wünscht sich von mir, dass ich ihm einen schenke. Anouk ist meine Tochter und ihr darf nichts passieren. Es ist mehr! Ich will ihr Glück respektieren. Und ihr Unglück ernst nehmen…
Sie ist erschöpft. Die Mutternonne. Kein Schwanz ist so hart wie das Leben singt sie unterm Weihnachtsbaum. Ich erwache aus einem hunderjährigen Schlaf, weil der Fluch um ist. Umme Welt haben sie damals gewettet. Umme Welt, dass sie dich nicht in Ruhe lässt. Und an meinem Geburtstag brachen die Fluten über Thailand herein. Ein Tsunami generiert im pazifistischen Ozean. Wie kann ich da noch sagen, ist nicht meins, obwohl ich nur den Atlantik kenne.
Er schweigt.
Ein zahmes Meerschweinchen in einem Hauseingang. Ich will es streicheln. Da steht er plötzlich vor mir. Er sagt zu mir, dass ich einen Wunsch frei habe und dann verkauft er mir den Wunschbrief. Den Wunschbrief soll ich in einen Fluss werfen und dabei ganz dolle an meinen Wunsch denken. Ich wünsche mir so sehr, dass du mich liebst.
Nein, ich darf den Zettel nicht aus dem winzigen Umschlag nehmen. Es steht nichts darauf. Und die Vögel, des Mannes mit dem Vogelkäfig, kommen immer wieder zu ihm zurück, wenn man sie freigekauft hat. Ob Wünsche in Erfüllung gehen, wenn man an sie glaubt? Das Träumen jedenfalls ist erlaubt. So oft und so lang ich kann. Wenn ich schlafe und wenn ich wache. Ich träume von dir.
Und Anouks Wellensittiche bleiben scheu und lassen sich nicht ohne weiteres in den Käfig sperren. Obwohl wir sie füttern und mit ihnen sprechen, muss ich Max, den Blauen am langen Schwanz festhalten, wenn er auf meinem Kopf sitzt, um ihn dann in die andere Hand zu nehmen und zurück in den Käfig zu setzen. Und Tulpe ist die allerschönste. Ihr Federkleid hat eine Himmelszeichnung und mit zweiten Vornamen heisst sie Wolke. Bald wird sie ein Ei legen und kleine Wellensittiche ausbrüten, sagt Anouk. Dann sind wir eine richtig große Familie, sagt Anouk. Die Aways aus der Goldbachstrasse.
Nur hat die Sache einen Haken, sage ich und grinse ihn an. Tulpe Away, das Fluchttier, ist ein Kerl und ich bin eine Liebejungfrau.
Da lacht er und schenkt mir noch einen Tee ein.
Einen Moment lang sind nur die Stimmen, der Kinder zu hören, die auf den Strassen und in den Hinterhöfen spielen. Die Nachmittagssonne taucht den Garten in ein goldenes Licht und eigentlich ist alles so wie es sein soll. Der Sturz ist schon vergessen.







Donnerstag, 12. Januar 2012

bellisima

die musik heute ist wunderschön
die wut kann ein schönes ding sein
die wut. das leben
gelebt und lebendig
die wut ist...
ein gedicht zu weihnachten
mama...
ist draussen
Frieden und wut ist frieden

Sonntag, 8. Januar 2012

Kopfstand


„Wenn die Irrtümer verbraucht sind, sitzt als letzter Gesellschafter uns das Nichts gegenüber.“ Bertolt Brecht

Damals, als ich gezeugt wurde, hat meine Mutter einen Kopfstand gemacht, weil sie mich wollte. Heute habe ich Fragen, die sie mir nicht beantworten kann.
Ich stehe auf dem Kopf, so lang ich kann und frage mich, was ist Zeit, wenn zehn Minuten im Kopfstand so viel und zehn Minuten im Glauben an mein Gegenüber so wenig sind.
Mein persönliches Glück zeichnet sich dadurch aus, dass ich Zeit habe. Zeit für Anouk, Zeit für mich und Zeit meine Geschichten aufzuschreiben. Deshalb, und weil ich nicht faul geworden bin durch die Finanzierung des Staates, plädiere ich für das Grundeinkommen. Nicht, weil ich an das Gute im Menschen glaube, sondern weil ich der Überzeugung bin, dass das Gute in der Welt kultiviert werden kann, wenn der Mensch Zeit hat. Zeit haben macht mich manchmal einsam. Einsamkeit fühlt sich nicht gut an. Trotzdem meine ich, dass es gut ist wie es ist, denn ich habe gelernt die Einsamkeit zu strukturieren. Einsamkeit ist Zeit. Und aus der heraus kann ich denken, schreiben und arbeiten an der Wissenschaft, die ich bin. Das macht Sinn, denn ich bin nicht allein mit meinen Erfahrungen und teile mein kleines Leben, an dem mir soviel liegt mit vielen ohne sie zu kennen. Vielleicht werden wir uns irgendwann einmal begegnen. Dann können wir uns die Hände reichen, uns im besten Fall auf die Schultern klopfen, um uns beim Abschied in den Arm zu nehmen, weil wir wissen, dass der Wunsch nach geteilter Einsamkeit nicht ungeteilt bleibt. Einsamkeit ist Leben. Und aus der Langeweile wächst die Phantasie. Phantasie ist Freiheit. Die Welt ist im Kopf.
Doch bin ich erst frei, wenn ich mir morgen keine Zigarette mehr aus Langeweile anzünde. Das ist klar wie Hühnersuppe.
Ich bin auf dem Sprung. Es ist Katzensprung, der mich trennt von dem, was ich als gutes Leben bezeichnen würde. Ich bin ein Mensch und keine Katze. Ein Katzensprung ist nur ein großer Menschenschritt. Davor muss ich mich nicht fürchten.
Habe ich den Schritt gemacht, dann, wertes Gegenüber, hänge ich nicht mehr an dir, weil ich dann weiss, was ich an mir und der Zeit habe. Einsamkeit ist dann ein Irrtum. Einsamkeit ist reine Zeit. Du musst keine Angst vor mir haben. Ich stehe mit beiden Beinen im Leben und mache Schritte, um mich fortzubewegen. Ich bin keine Pflanze mehr, die sich Klette schimpft. Mir sind Extremitäten gewachsen und ich habe gelernt, sie einzusetzen.
Das Glück liegt in mir und aus ihm heraus, kann ich an dich glauben.
Ich habe einfach vergessen, mir zu wünschen, dass mir jemand hilft. Das kann ich nun alleine.
Ich habe gelernt, die gemeinsamen Momente wertzuschätzen und die Einsamkeit mit mir zu füllen.
Geliebtes Gegenüber, du fehlst und drei Tage sind mehr als Nichts.