sternentinte

sternentinte
augenstern

Mittwoch, 18. Januar 2012

Reingehauen


Ich bin eine Katze. Ich lege ihm Morgengaben auf die Fußmatte. Mäuseköpfe, tote Vögel und Innereien. Die Leber schmeckt mir nicht. Ich habe die Schnauze so voll von Männern, die mich besteigen, „Lecker!“ sagen und dann nicht mehr da sind. Ein guter Fick ist doch ein guter Anfang. Nein, er bringt keine Blume mit, nur einen Fleck vom Mittagessen auf seinem Pullover. Den kannst du auswaschen, sage ich. Mich nicht.
Oh, ich vergesse, du bist ein Mann und kannst. Männer kommen immer gleich. Das habe ich ganz vergessen.
Das Gedächtnis meines Körpers möchte ich mal haben.
Du langweilst mich, sagt er. It´s always the same story. Boy meets girl just for the fun. And afterwards there is none. Fun.
Wenn ich das schon höre, sage ich. Du kannst mich mal und willst es nicht.
Ich bin ein Gedicht, du Arschloch.
Dann reim dich doch auf anyone else, du Kuh.
Ich bin eine Katze und versuche wie Scheherezade den grausamen König milde zu stimmen mit meinen Worten. Die Bitterkeit spielt mir einen Streich. Sie schleicht sich ein in die Sätze und was so schön begann, endet im Schrecken.
Wir begegnen uns vor einem Pub. Ich sehe ihn an und hau ihm in die Fresse. Er fällt nicht um. Er blutet ein bisschen aus der Nase. Das wäre doch nicht nötig gewesen, mein Hase, sage ich, drehe mich auf dem Absatz um und gehe. So etwas habe ich noch nie getan und ehrlich gesagt, es fühlt sich saugut an.
Du kannst dich mal in ein anderes Loch verpissen, sage ich leise. Er hört es nicht mehr. 

Samstag, 14. Januar 2012

Die Mimose Oder wie man einen Wellensittich einfängt


Ich baue einen Fahrradunfall, wenn mir ein entflogener Wellensittich vor die Nase flattert. Ich rase in den fahrenden Händler und wir haben den Salat. Gurken, Tomaten und Äpfel landen auf der Straße. Ich bin eine alte Frau in einem jungen Körper und morgen schon kann Weltuntergang sein. Ich bin eine Liebejungfrau mit dreissig Jahren.
Im besten Falle kommt ein Mann vorbei und hebt mich vom Boden auf. Dann gehen wir gemeinsam in seinen Garten und er erzählt mir, dass er schwul ist und ich eine schöne Frau. Er sagt, dass es wichtig ist, sich zu seinem Sein zu bekennen. Was auch immer du bist, sag es laut, damit alle es hören können. Don`t play games mit den Liebsten. Und wenn du zu Weihnachten einen Vogel geschenkt bekommst, dann pflege ihn und lass in aus dem Käfig heraus.
Es ist das traurigste auf der Welt, wenn eine Liebe stirbt. Sagt er.
In meinem Leben sind schon viele Lieben gestorben, sage ich.
Wie konnte das passieren, fragt er.
Ich wünschte, ich wüsste es.
Nein, ich will keinen Streit. Ja, ich will, dass du mich siehst.
Die falsche Nonne hat die Kerzen ausgeblasen.
Die falsche Nonne ist die richtige Mutter.
Die richtige Mutter hat man lieb. Sie pflegt dich gesund, wenn du krank wirst. Sie schenkt dir einen Hund, wenn du nicht mehr essen willst. Sie vermittelt dir, dass das Leben schön ist. Und gönnt dir jeden Moment des Glücks.
Die falsche Nonne ist anders. Sie ermutigt dich nicht zum Sein. Sie schläft ein, wenn du vom Erschrecken erzählst und wacht auf, wenn du dem Glück einen Stuhl hinstellen sollst, damit du dich im Dunkeln stösst, wenn sie die Kerzen ausgeblasen hat. Mein Schwanz ist so hart wie das Leben sagt sie und meine Potenz übersteigt die eure um einiges. Sie war eine verunsicherte junge Frau. Das ist ihr nicht vorzuwerfen, denn das bin ich selber. Sie war eine traurige junge Frau im Winter. Und ich habe gedacht, das muss so sein, dass man im Winter traurig ist. Dabei wohnt das Grün und das Gezwitscher der Vögel in mir selbst.
Denn Glück ist lernbar und zu kultivieren. Ob ich allein bin oder nicht. Das Glück des Augenblicks verfolgt mich.
Es ist ein Glück auf einer Mauer in einer fremden Stadt zu sitzen. Eine Zigarette zu rauchen und den Vorbeigehenden zu lauschen. Es ist ein Glück, die Sprache des Landes nicht zu verstehen und sich ausklinken zu können in jedem Moment, sagt die Mimose, während eine Möwe am Fenster vorbeifliegt. Es ist ein Glück, die Pausen wertzuschätzen auch ohne Zigaretten. Es ist ein Glück, dass ich bin.
Das ist wahr, sagt er. Das Leben ist ein Glück im Unglück und will vorsichtig behandelt werden.
Anouk sagt, dass es traurig ist, dass der Bettler keinen Schal besitzt und wünscht sich von mir, dass ich ihm einen schenke. Anouk ist meine Tochter und ihr darf nichts passieren. Es ist mehr! Ich will ihr Glück respektieren. Und ihr Unglück ernst nehmen…
Sie ist erschöpft. Die Mutternonne. Kein Schwanz ist so hart wie das Leben singt sie unterm Weihnachtsbaum. Ich erwache aus einem hunderjährigen Schlaf, weil der Fluch um ist. Umme Welt haben sie damals gewettet. Umme Welt, dass sie dich nicht in Ruhe lässt. Und an meinem Geburtstag brachen die Fluten über Thailand herein. Ein Tsunami generiert im pazifistischen Ozean. Wie kann ich da noch sagen, ist nicht meins, obwohl ich nur den Atlantik kenne.
Er schweigt.
Ein zahmes Meerschweinchen in einem Hauseingang. Ich will es streicheln. Da steht er plötzlich vor mir. Er sagt zu mir, dass ich einen Wunsch frei habe und dann verkauft er mir den Wunschbrief. Den Wunschbrief soll ich in einen Fluss werfen und dabei ganz dolle an meinen Wunsch denken. Ich wünsche mir so sehr, dass du mich liebst.
Nein, ich darf den Zettel nicht aus dem winzigen Umschlag nehmen. Es steht nichts darauf. Und die Vögel, des Mannes mit dem Vogelkäfig, kommen immer wieder zu ihm zurück, wenn man sie freigekauft hat. Ob Wünsche in Erfüllung gehen, wenn man an sie glaubt? Das Träumen jedenfalls ist erlaubt. So oft und so lang ich kann. Wenn ich schlafe und wenn ich wache. Ich träume von dir.
Und Anouks Wellensittiche bleiben scheu und lassen sich nicht ohne weiteres in den Käfig sperren. Obwohl wir sie füttern und mit ihnen sprechen, muss ich Max, den Blauen am langen Schwanz festhalten, wenn er auf meinem Kopf sitzt, um ihn dann in die andere Hand zu nehmen und zurück in den Käfig zu setzen. Und Tulpe ist die allerschönste. Ihr Federkleid hat eine Himmelszeichnung und mit zweiten Vornamen heisst sie Wolke. Bald wird sie ein Ei legen und kleine Wellensittiche ausbrüten, sagt Anouk. Dann sind wir eine richtig große Familie, sagt Anouk. Die Aways aus der Goldbachstrasse.
Nur hat die Sache einen Haken, sage ich und grinse ihn an. Tulpe Away, das Fluchttier, ist ein Kerl und ich bin eine Liebejungfrau.
Da lacht er und schenkt mir noch einen Tee ein.
Einen Moment lang sind nur die Stimmen, der Kinder zu hören, die auf den Strassen und in den Hinterhöfen spielen. Die Nachmittagssonne taucht den Garten in ein goldenes Licht und eigentlich ist alles so wie es sein soll. Der Sturz ist schon vergessen.







Donnerstag, 12. Januar 2012

bellisima

die musik heute ist wunderschön
die wut kann ein schönes ding sein
die wut. das leben
gelebt und lebendig
die wut ist...
ein gedicht zu weihnachten
mama...
ist draussen
Frieden und wut ist frieden

Sonntag, 8. Januar 2012

Kopfstand


„Wenn die Irrtümer verbraucht sind, sitzt als letzter Gesellschafter uns das Nichts gegenüber.“ Bertolt Brecht

Damals, als ich gezeugt wurde, hat meine Mutter einen Kopfstand gemacht, weil sie mich wollte. Heute habe ich Fragen, die sie mir nicht beantworten kann.
Ich stehe auf dem Kopf, so lang ich kann und frage mich, was ist Zeit, wenn zehn Minuten im Kopfstand so viel und zehn Minuten im Glauben an mein Gegenüber so wenig sind.
Mein persönliches Glück zeichnet sich dadurch aus, dass ich Zeit habe. Zeit für Anouk, Zeit für mich und Zeit meine Geschichten aufzuschreiben. Deshalb, und weil ich nicht faul geworden bin durch die Finanzierung des Staates, plädiere ich für das Grundeinkommen. Nicht, weil ich an das Gute im Menschen glaube, sondern weil ich der Überzeugung bin, dass das Gute in der Welt kultiviert werden kann, wenn der Mensch Zeit hat. Zeit haben macht mich manchmal einsam. Einsamkeit fühlt sich nicht gut an. Trotzdem meine ich, dass es gut ist wie es ist, denn ich habe gelernt die Einsamkeit zu strukturieren. Einsamkeit ist Zeit. Und aus der heraus kann ich denken, schreiben und arbeiten an der Wissenschaft, die ich bin. Das macht Sinn, denn ich bin nicht allein mit meinen Erfahrungen und teile mein kleines Leben, an dem mir soviel liegt mit vielen ohne sie zu kennen. Vielleicht werden wir uns irgendwann einmal begegnen. Dann können wir uns die Hände reichen, uns im besten Fall auf die Schultern klopfen, um uns beim Abschied in den Arm zu nehmen, weil wir wissen, dass der Wunsch nach geteilter Einsamkeit nicht ungeteilt bleibt. Einsamkeit ist Leben. Und aus der Langeweile wächst die Phantasie. Phantasie ist Freiheit. Die Welt ist im Kopf.
Doch bin ich erst frei, wenn ich mir morgen keine Zigarette mehr aus Langeweile anzünde. Das ist klar wie Hühnersuppe.
Ich bin auf dem Sprung. Es ist Katzensprung, der mich trennt von dem, was ich als gutes Leben bezeichnen würde. Ich bin ein Mensch und keine Katze. Ein Katzensprung ist nur ein großer Menschenschritt. Davor muss ich mich nicht fürchten.
Habe ich den Schritt gemacht, dann, wertes Gegenüber, hänge ich nicht mehr an dir, weil ich dann weiss, was ich an mir und der Zeit habe. Einsamkeit ist dann ein Irrtum. Einsamkeit ist reine Zeit. Du musst keine Angst vor mir haben. Ich stehe mit beiden Beinen im Leben und mache Schritte, um mich fortzubewegen. Ich bin keine Pflanze mehr, die sich Klette schimpft. Mir sind Extremitäten gewachsen und ich habe gelernt, sie einzusetzen.
Das Glück liegt in mir und aus ihm heraus, kann ich an dich glauben.
Ich habe einfach vergessen, mir zu wünschen, dass mir jemand hilft. Das kann ich nun alleine.
Ich habe gelernt, die gemeinsamen Momente wertzuschätzen und die Einsamkeit mit mir zu füllen.
Geliebtes Gegenüber, du fehlst und drei Tage sind mehr als Nichts.